Ich muss sagen, es rankt sich ein ganz schön hartnäckiger Mythos um dieses ominöse Mehl des Typs „00“. Dass es sich dabei nicht um das Zauberpulver handelt, das manch einer daraus stilisiert, möchte ich dir gern zeigen.

Was ist denn Typ „00“?

Zunächst einmal sollten wir uns einmal anschauen, was ein Tipo „00“ eigentlich ist: in einfachen Worten prinzipiell nicht mehr als das italienische Pendant zum 405er-Mehl, das wir in Deutschland kennen. Es ist ein sogenanntes Auszugs- oder Weißmehl, das heißt es wird nur ein kleiner Teil des eigentlichen Weizenkorns, nämlich das Endosperm, zu Mehl vermahlen.

Unterschiede ergeben sich dennoch durch die Herkunft des verwendeten Weizens, denn der italienische Weizen weist aufgrund anderer Bodenbeschaffenheiten bzw. Mineralgehalte und des unterschiedlichen Klimas doch einen anderen Mineralgehalt, insbesondere aber einen unter Umständen deutlich höheren Eiweiß-Gehalt auf. Und hier wird es dann für uns interessant!

(Kleber-)Eiweiß

Während deutsche 405er-Mehle meist um die 9-10% Proteine enthalten, sind es bei italienischen Haushaltsmehlen des Typs „00“ 10-11%, bei dedizierten Pizzamehlen sind es dann meist über 12%. Auf dem Papier ist der Unterschied klein, wenn du einen Teig machst, kommt er dir jedoch riesig vor.

Unter den Proteinen befinden sich nämlich unter anderem Gliadin und Glutenin, welche sich wiederum bei Kontakt mit Wasser zum Klebereiweiß, gemeinhin bekannt als Gluten, verbinden. Gluten wiederum wird durch das ordnungsgemäße Kneten des Teiges verwoben und ergibt eine elastische Struktur, die zu guter Letzt dafür sorgt, dass das bei der Gärung entstehende Gas im Teig bleibt (der dadurch sehr locker wird), und sich schließlich beim Backen durch die Hitze ausdehnt und für eine unverwechselbare Struktur sorgt.

Ein hoher Proteinanteil im Mehl ist also ein Indikator dafür, dass das Mehl viel Gluten ausbilden und damit für Pizza geeignet sein könnte. So einfach ist es dann aber leider nicht – wir erfahren eigentlich nie, wie viel Gliadin und Glutenin letztlich enthalten sind. Proteine gibt es viele, und so kann auch einfach eine viel höhere Konzentration eines anderen Proteins enthalten sein.

„W“ wie „Stärke“

Bei professionellen italienischen Mehlen, allerdings hin und wieder auch bei Haushaltsmehlen, findet man jedoch eine weitere Angabe – entweder direkt auf der Verpackung, oder aber auf der Webseite des Herstellers – manche haben sogar komplette Datenblätter online: Die sogenannte Stärke des Mehls (ital. „forza“, nicht zu verwechseln mit dem Mehrfachzucker Stärke, der auch im Mehl enthalten ist). Diese wird mit einem sogenannten W-Wert angegeben und benennt die Absorptionsfähigkeit des Mehls, die wiederum Rückschlüsse auf die Menge des sich bildenden Glutens zulässt.

Ein typisches Pizzamehl hat dabei z.B. ein W von 260-280 (mittlere Stärke) und eignet sich für mittlere Gehzeiten, schwächere Mehle um W 240 (oder weniger) oder stärkere um W 300 (oder mehr) schreien eher nach kürzeren bzw. längeren Gehzeiten, bringen aber auch andere zu beachtende Eigenschaften mit. Starke Mehle neigen dazu, einen eher festen Teig zu ergeben, schwache Mehle werden eher zu weichen bis klebrigen Teigen führen.

Es gibt noch andere wissenschaftlich festgestellte Parameter, die sollen uns Hobby-Pizzaioli aber an dieser Stelle zunächst einmal kalt lassen und an anderer Stelle einmal beleuchtet werden.

Zahlenspiele!

Mit anderen Worten:
Nicht jedes Mehl des Typs „00“ ist automatisch ein Pizzamehl, doch die meisten Pizzamehle sind vom Typ „00“.
Aber eben nicht ausschließlich! Im Gegenteil gibt es sehr gute Pizzamehle des Typs „0“. Und auch mit Typ „1“ und „2“ kann man hervorragende Pizzen machen.
Übrigens gelangen wir von „00“ über „0“, „1“ und „2“ zu „integrale“, also einem italienischen Vollkornmehl an, um das Mysterium um die Typennummern einmal einfach aufzuklären.

Wenn man erst einmal diese Erleuchtung erlangt hat, geht’s weiter ans Ausprobieren, denn auch Mehle sind Naturprodukte und verhalten sich unterschiedlich, selbst wenn die Spezifikationen ähnlich sind. Und auch geschmacklich – man mag es kaum glauben – unterscheiden sich Mehle teilweise deutlich.